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    EHRENAMTLICHES ENGAGEMENT ALS BESCHÄFTIGUNGSTHERAPIE IM ALTER?

    Gerade habe ich wieder eines dieser Bücher über das Alter gelesen, die zurzeit den Buchmarkt überschwemmen. (Das ist nicht despektierlich gemeint, ich lese gerne, was andere über das Alter denken.) Das Buch hat mir gut gefallen. Der Ton ist leicht und locker, der Text mit einer ordentlichen Portion Humor versehen, und es stehen eine Menge kluge Sachen darin. Vieles spricht mir aus dem Herzen, habe ich so oder so ähnlich auch schon gedacht, hat meinen Blick erweitert und mir neue Sichtweisen eröffnet. Soweit, so gut. So ziemlich am Ende bin ich dann aber doch über etwas gestolpert, dass ich nicht widerspruchslos hinnehmen kann. Es geht um das Thema Einsamkeit im…

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    WEIßT DU NOCH?

    Meine Mutter ist neunzig geworden. Zum Geburtstag hatte ich eine Idee: Alle, die sie gernhaben, sollten ihr einen kleinen Film oder ein Selfie mit dem Handy aufnehmen und Glückwünsche in die Kamera sprechen. Es kamen rund zwanzig Filme zusammen, aus Spanien, Polen, Münster – und aus B., von einem ihrer ältesten Freunde: H. Dieser Film ist besonders schön und rührend: Man sieht einen alten Mann am Schreibtisch neben einer brennenden Kerze sitzen. Er sagt: „Weißt du noch, als wir aus dem Tagebuch für Adam und Eva lasen?“ Nach einem Schnitt sieht man ihn in der Zimmerecke stehen und er fragt: „Weißt du noch, als wir Theater spielten?“, dann dreht er…

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    EIN ERBE IM HANDGEPÄCK

    Reisen – das war mir lange nicht bewusst – war und ist für mich immer mit Aufregung und erhöhtem Blutdruck verbunden. Mein Herz klopft und mein Gehirn malt sich Worst-Case-Szenarien aus. Zug verpassen, Flugzeugabsturz, Autounfall. Sturm, Schnee, Dunkelheit, Ausgeliefert-Sein. Feindliche Menschen. Krieg.  Krieg? Wenn man sich mit dem Thema Kriegsenkel*innen beschäftigt, liest und hört man unweigerlich Fluchtgeschichten und damit von den Traumata der Großeltern und Eltern. Oft nicht von den Betroffenen selbst, weil ihnen die Worte fehlen oder der Schmerz zu groß ist, sondern von den Nachkommen. Viele Menschen meiner Generation, die Kriegsenkel*innen (etwa von 1960 bis 1975 geboren), fragen, forschen und berichten – Letzteres häufig, als seien sie 1945…

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    DUNKELSPAZIERGÄNGE

    Angefangen hat es in der Corona-Zeit, im Spätsommer 2020, als die Tage schon kürzer wurden. Nachdem ich den ganzen Tag im Homeoffice, bei irgendwelchen digitalen Veranstaltungen, Zoom-Konferenzen etc. verbracht hatte, musste ich unbedingt raus an die Luft.  Zugleich wollte ich niemanden treffen – es war die Zeit, in der man sogar draußen Masken tragen sollte (inzwischen wissen wir, dass das unnötig war), aber damals wollte ich unbedingt vermeiden, mich anzustecken, und so begann es mit den Dunkelspaziergängen. Bald entdeckte ich, dass das Gehen im Dunkeln besonders ist. Ich hatte das Gefühl und habe es immer noch – denn inzwischen habe ich die Dunkelspaziergänge kultiviert –, dass die Dunkelheit etwas Besonderes…

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    EIN GEDICHT KANN HELFEN

    Ich lese gern Gedichte und ich zeichne gern. Als nun die Weihnachtszeit kam, habe ich mir diese beiden Eigenschaften zunutze gemacht und kleine Bilder in neutralen Ikea-Rahmen verschenkt. Sie sehen etwa alle so aus wie das hier abgebildete: Links steht das Gedicht von Hilde Domin „Nicht müde werden“, rechts steht ein Mensch und hebt die Hand für einen Vogel, der möglicherweise dort landet. Oder auch nicht. Das weiß man nicht.  „Nicht müde werdensondern dem Wunderleisewie einem Vogeldie Hand hinhalten.“ So lautet das Gedicht. Ich habe das Bild an etwa zehn Menschen verschenkt. Alle haben sich gefreut. Viele wollen es sich in die Wohnung hängen. Ich bin neugierig, wie oft sie…

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    SPÄTES DEBÜT

    So richtig ins Bewusstsein gedrungen sind sie mir das erste Mal durch einen Artikel im Guardian, der mir vor längerer Zeit mehr oder weniger zufällig in die Hände gefallen ist. Die Autorin Amalia Hill beschreibt darin einen Trend in der Verlagswelt Großbritanniens, der sich dadurch auszeichnet, dass immer mehr Autorinnen jenseits der sechzig, siebzig oder sogar achtzig ihren ersten Roman veröffentlichen und auf großes Interesse bei den Leser*innen stoßen. Bei meinen Recherchen zur Lage in Deutschland stellte ich zu meiner großen Freude fest, dass sich dieser Trend auch hier abzeichnet. Zu den bekanntesten Büchern gehören wohl „Eine Frage der Chemie“ von Bonnie Garmus, „Der Klang der Erinnerung“ von Joe Browning…

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    ABSCHIED VON CHAIM SOUTINES GLADIOLEN

    Kunst macht etwas mit uns!  Sie berührt uns, regt uns auf, tröstet, weckt Unverständnis. Manchmal sind wir ihr gegenüber auch gleichgültig. Ich bin Kunstvermittlerin und der Austausch über Kunst-, Kultur- sowie Wahrnehmungserlebnisse in der Gemeinschaft sind mir ein Lebenselixier. Kommt eine neue Ausstellung in die Stadt, bin ich gespannt, was passieren wird.  Unter Umständen muss ich mehrmals hin, um „reinzukommen“, um eine Beziehung zu den Werken und dem/der Künstler*in aufzubauen, um nachzudenken oder Widerstände zu überwinden.  Der Bildhauer Anish Kapoor sagt, dass Kunst, die man schnell versteht, keine gute Kunst sei. Da könnte etwas dran sein. Bin ich aber einmal im Kontakt mit den Werken bzw. mit dem/der Künstler*in, fühle…

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    POLICE HEISST NICHT POLIZEI

    Gestern war ich in Police. Menschen, die nicht aus Polen kommen, stolpern über den Namen. Nein, Police heißt nicht Polizei. Man sagt auch nicht Poliiiieeß, sondern Politze. Wie bin ich dort hingekommen? Nun, drei Kolleg*innen und ich wurden von einer Förderstelle namens Pomerania engagiert, einen Workshop zum Thema „Die Kraft in uns“ zu machen. Der Inhalt: Wie behält man angesichts der erdrückenden Weltlage, schlechter werdenden Perspektiven und stressigen Jobs den Kopf oben, stärkt die Nerven, stärkt seine Resilienz, findet Freude, kurz: bleibt stark und hoffnungsvoll? Eine Theaterpädagogin und Therapeutin, eine Sängerin und Stimmtrainerin, ein Workshopleiter für Interkulturelle Kommunikation und Übersetzer und ich als Schreibpädagoge haben diesen Workshop für Menschen, die…

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    DEN TOD MUSS MAN LEBEN

    Vom Umgang mit dem Sterben, dem Bestatten – und ein Literaturtipp Zwei Erlebnisse, zwei Begräbnisse. Das eine Begräbnis: konventionell, im Herbst. Eine Trauerrednerin spricht über die Verstorbene, die sie nicht gekannt hat. Sie zählt die Lebensstationen auf und versucht, der Persönlichkeit nachzuspüren. Die Zuhörenden gleichen Wahrheit und Erzählung miteinander ab, geraten in ein Abwägen und fühlen unangenehme Diskrepanzen. Obwohl sich die junge Frau Mühe gibt, bleibt ihr Vortrag vage und leblos. Dann folgt eine kurze Bach-Kantate und der Gang mit den anderen stummen Menschen hinter dem Sarg her zum Grab. Dort steht man mit gesenktem Blick in der Schlange, wirft Hände voll Erde auf den Sarg, und hat dabei die…

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    DREI SEITEN AM TAG

    Als ich vor fast genau dreiundzwanzig Jahren den von Julia Cameron in ihrem Buch „Der Weg des Künstlers“ vorgeschlagenen Kreativitätsvertrag mit mir selbst abschloss, hätte ich nicht gedacht, dass ich die Morgenseiten so lange schreiben würde. Sie waren Teil eines zwölfwöchigen Programms zur Entwicklung und Förderung der eigenen Kreativität. Mich jeden Morgen gleich nach dem Aufstehen hinzusetzen und drei DIN-A4-Seiten vollzuschreiben, ohne auf Grammatik, Rechtschreibung und Zeichensetzung zu achten und nur dem eigenen Gedankenstrom zu folgen, erschien mir schwierig und nicht lange durchzuhalten. Zeitweise ist es mir sehr schwergefallen, die in dem Buch vorgeschlagenen Aufgaben konsequent und diszipliniert zu absolvieren, aber die Morgenseiten habe ich immer geschrieben. Bis heute. Ich…