MEIN WEISES BILD VOM ALTER
WER BESTIMMT, WANN DAS ALTER BEGINNT UND WER SAGT, WAS ALT SEIN BEDEUTET?
MEIN WEISES BILD VOM ALTER | Thomas
Ich hoffe und glaube, dass es im Grunde kein Alter gibt. Wer sollte sagen, wann es anfängt? Wenn ich positiv drauf bin, denke ich: Das Leben ist ein Weg zu sich selbst. Viele Schichten sind ab der Geburt auf uns gelegt worden; wir räumen sie im Laufe des Lebens weg. Wir gehen – wenn es gut läuft – rechtzeitig in eine Psychotherapie und in diverse Workshops, lernen uns dort besser kennen, finden den Weg und arbeiten an uns. ‘An sich arbeiten’ hört sich nach Mühsal an, so ist es nicht gemeint: Wir reflektieren uns, wir spüren unsere dunklen Seiten auf, wir leben mit ihnen und genießen die hellen. Wir werden keine unbewussten hilflosen Alterchen, die nicht wissen, was mit ihnen passiert. Wir werden keine nöligen beigen Senior*innen, die sich über das Leben beschweren. Wir gehen unseren Weg und kommen zu uns. Jede*r für sich und mit anderen zusammen. Wenn es gut läuft, sagen wir am Ende (mit J.S.Bach): Ich habe genug.
MEIN GELERNTES BILD VOM ALTER | Thomas
Eine schlecht gelaunte alte Frau sitzt auf ihrem Plüschsofa. Gegenüber die Schrankwand, in der Ecke der Fernseher, darüber das Kitschbild aus den Alpen, an der anderen Ecke der tote Ehemann als Kriegssoldat mit schwarzem Rand und in Uniform. Lichtjahre trennen mich von dieser Oma und ihrem toten Mann. Das waren alte Leute, als ich Kind war. Sie hatten Weltkriege auf dem Buckel, viel Nazi-Mist und die emotional verkümmerte Zeit danach. Sie haben mein Bild vom Alter vielleicht in der Kindheit und Jugend geprägt, aber das hat nichts (oder gerade sehr viel?) damit zu tun, wie ich alt werden will. Ich will den Elektrobeat von Anne Clark hören, mich mit meinen Freund*innen über dummes Zeug kaputt lachen, will ernsthaft und offen über Dinge sprechen, die wichtig sind, will mich engagieren und aufregen und mit dem Fahrrad steile Berge runterfahren – egal was unten passiert