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OMAS GEGEN RECHTS

von REGINA SEIDEL

© Foto privat

Die einen rufen ihren Protest laut heraus oder initiieren spektakuläre Aktionen, um ihn in die Welt zu bringen, die anderen tun es leise und dennoch für alle sichtbar. Zu Letzteren gehören die Omas gegen Rechts, die inzwischen auch in Celle zum Stadtbild gehören.

Das Schweigen der Kriegsgeneration lastet heute noch schwer auf dem Land, aber die Kriegs- und Nachkriegskinder machen sich bemerkbar – und warnen vor dem, was wieder passieren könnte.

Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sowie der wieder erstarkende Antisemitismus in Deutschland waren es, die Karin B. im Frühjahr 2019 dazu veranlassten, den Gedanken der Omas-gegen-Rechts-Bewegung nach Celle zu tragen. „Eigentlich bin ich keine besonders mutige Frau“, behauptet die inzwischen 80Jährige, „aber diese Themen haben mich so stark bedrängt, dass ich nicht lange darüber nachdenken musste.“ Kurzentschlossen malte sie sich ein Schild und stellte sich damit auf den Celler Markt. Jeden Mittwoch zwischen 10:30 und 11:30 Uhr steht sie dort seitdem allein oder mit einer Mitstreiterin und demonstriert gegen die rechte Gefahr und die schleichende Bedrohung unserer Demokratie. Schweigend, mehr darf nicht sein, die Demonstration ist als Mahnwache angemeldet. Aber wer will, kann mit den Frauen ins Gespräch kommen und sich mit ihnen über Sinn und Zweck ihres Engagements und ihre Motivation unterhalten.

Die meisten Menschen begegnen den Frauen freundlich, sind interessiert, und manchmal gibt es sogar ein Eis oder Kekse, nur hin und wieder muss Karin B. ein Gespräch abbrechen, weil ihr Gegenüber nicht an einer Auseinandersetzung interessiert ist, sondern nur irgendwelche Hetzparolen loswerden will. „Aber die meisten finden es ganz toll, dass wir hier stehen“, sagt sie. Schön wäre es, wenn sich noch weitere Mitstreiter*innen fänden, es dürfen auch Opas mitmachen. Durch die lange Corona-Pause und Krankheitsfälle ist die Celler Gruppe ziemlich geschrumpft, von ursprünglich acht, neun Personen sind nur noch zwei, drei übriggeblieben. Aber Karin B. ist zuversichtlich, dass es wieder mehr werden. In Anbetracht der Tatsache, dass auch in Celle viele ältere Menschen leben, sollte das kein Problem sein.

Die Omas gegen Rechts gibt es in Deutschland seit über fünf Jahren. Inspiriert von der seit November 2017 existierenden österreichischen Gruppe wurde am 27. Januar 2018 auf Facebook die erste Omas-gegen-Rechts-Gruppe gegründet. Schnell verbreitete sich diese überparteiliche Initiative in der gesamten Bundesrepublik, überall entstanden Gruppen sogenannter Omas, die sich in den politischen Diskurs einmischen wollten und sich mit ihrem Protest für den Erhalt der Demokratie sowie gegen Antisemitismus, Rassismus, Frauenfeindlichkeit und Faschismus einsetzen. Noch sind ältere Frauen als solche nicht als öffentliche politische Kraft in unserem Bewusstsein gespeichert, doch das wird sich nicht zuletzt durch solche Initiativen wie die Omas gegen Rechts ändern. Sie unterscheiden sich nicht nur optisch von ihren Müttern und Großmüttern im gleichen Alter, sie wollen auch gehört und gesehen werden, sich einmischen und etwas bewegen. „Wir sind alt, aber nicht stumm“ las ich neulich auf dem T-Shirt einer Frau, die aus gegebenem Anlass aus Hannover zu einer Demonstration gegen antidemokratische Kräfte nach Celle gekommen war. Genau! Lasst uns sicht- und hörbar werden!

REGINA SEIDEL | 24.09.2023

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