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PORTRAIT SYBILLE GIMON

VON DER STANDARD-TÄNZERIN ZUR FRAUENBEWEGTEN

Sybille Gimon










Gib niemals auf
Text/Melodie Sybille Gimon

I
An manchen Tagen geht es mit uns auf und ab
mal sind wir glücklich, 

manchmal traurig und mal schlapp.
Doch niemals sollten wir 

den Mut mit uns verliern,
vielleicht statt dessen 

Dies und Das mal ausprobiern.
Und fällt am Morgen uns 

das Aufstehn sichtlich schwer,
fühln wir uns einsam und verlassen, 

einfach leer.
Gib jetzt nicht auf, 

denn deine Katze wartet schon
Und ihr Umschnurren ist für dich 

der schönste Lohn.

Refrain
Gib niemals auf, steh` 
immer, immer, immer wieder auf.
Schenk den Gedanken Licht,
bevor der neue Tag anbricht.  (Wiederholung)


II
Manchmal fragen wir uns wie soll ́s weitergehn
Und bleiben aus Verzweiflung  

einfach ratlos stehn.
Wann haben wir in letzter Zeit einmal gelacht
Und uns was wunderbar 

Verrücktes  ausgedacht.
Wir sollten uns nicht nur noch 

um uns selber drehn,
vielleicht gelingt es ja den andren auch zu sehn.
Vertrau darauf, dass jemand da ist, 

der dich liebt
Und dir genau das, 

was du brauchst auch gerne gibt.

Refrain
Gib niemals auf, steh` 
immer, immer, immer wieder auf.
Schenk den Gedanken Licht,
bevor der neue Tag anbricht.


III
Sieh ́nur die Blume dort 
am Wegesrande stehn,
wie ihre Blüten sich ganz zart im Winde drehn.
Ein liebes Wort, 

ein Lächeln und der Gruß zurück,
all ́das umarmt mich liebevoll, 

ich spür ́ein Glück.
Was wär ́das Leben ohne Brüche 

dann und wann,
wenn nichts mehr bleibt, 

woran ich wieder wachsen kann.
Wage den Schritt in ein dir unbekanntes Land,
dort warten Menschen und 

sie reichen dir die Hand.





EIN PORTRAIT VON CHRISTIANE MAASS



Wo sie auftritt, beginnen die Menschen zu singen – und das gleich scharenweise. Sybille Gimon veranstaltet große Bürger-Sing-Aktionen mit bis zu 70 Laiensänger*innen, leitet mehrere teilhabe-orientierte Singkreise, textet und vertont eigene Lieder und trägt diese als Sängerin (neudeutsch: Singer-Songwriterin) vor. Sie versteht ihren Einsatz auch, aber nicht nur als Entertainment, noch viel mehr als Ermutigung und als Förderung des Gemeinschaftsgedankens: „Singen baut Brücken, öffnet die Herzen und ist gesund!“

„Eine gelungene Gemeinschaft ist ein soziales Kunstwerk“ zitiert Sybille Gimon die Begründerinnen des Beginenhofes in Bremen, zu denen sie selbst als Mitarbeiterin im Bremer Beginenhof Modell e.V., einem weltweit registrierten EXPO-Projekt 2000, zählte. Man kann diesen Wahlspruch auch umkehren: „Ein soziales Netzwerk ist ein gelungenes Kunstwerk.“ In diesem Sinne ist die 70-Jährige eine Netzwerk-Künstlerin. Sie hat als Pädagogisch Psychologische Familienberaterin in verschiedenen Einrichtungen und Projekten gearbeitet und überträgt die dort gesammelten Erfahrungen nun in ihre freie Tätigkeit im Alter. Die Chorleitung, das Gitarre- und Ukulele-Spielen zur Begleitung und das Lieder schreiben hat sie sich selbst beigebracht.

Ihre ganze Lebensgeschichte habe sie zu dem gemacht, was sie heute sei, sagt Sybille Gimon. Durch Hürden, unterschiedliche Wege, Erfahrung von Leid, Fragen nach Sinn und Suchen in Nischen formte sie ihre Persönlichkeit. „Ich bin von der Standard-Tänzerin zur Frauen-Bewegten geworden“, umschreibt sie ihre Entwicklung mit einem Augenzwinkern. „Dabei hatte ich schon immer diesen sozialen Touch und habe Ungerechtigkeiten schwer ausgehalten.“

Selbst in den 70ern angekommen, sind Sybille Gimon gerade die älteren Menschen ans Herz gewachsen. Generationsbedingt verharren ihrer Beobachtung nach gerade die heute Hochaltrigen häufig in einer gewissen Hilflosigkeit. „Die Leichtigkeit und Lebendigkeit geht verloren. Einfach mal etwas auszuprobieren und dabei Fehler zu machen, das gestatten die Älteren sich nicht“, so Gimon. „Bei mir darf jede und jeder mal auf die Bühne und sein Lied vortragen.“ Mit Blick auf die Gleichmacherei alter Menschen in vielen Heimen hat sie vor dem Hintergrund der Beginenkultur ganz andere Ideen: die Individualität der Alten entfalten, mit ihnen Gärten anlegen und pflegen, Tiere halten, Visionen ausprobieren. „Ich möchte, dass die Alten wieder aktiv werden; die sitzen heute oft nur da“, betont sie. „Es gibt zu viele Alten-, Pflege und Sterbe-Ghettos. Man sollte die Heimbewertung unkonventioneller vornehmen, zum Beispiel Punkte für lachende Alte vergeben.“

Lachen tut sie tatsächlich selber viel im Gespräch. Wir sitzen zusammen auf einer Parkbank im Eversten Holz in Oldenburg und reden über ihr Leben und über das Leben im Alter. Wie gestaltet sie selbst ihr Alter? „Genau so, wie ich es mir für alle wünsche: Ich halte Hühner, bin nicht leise und lebe in einem wunderbaren Netzwerk von Frauen“, erzählt Sybille Gimon. „Wir kennen uns über 30 Jahre, treffen uns regelmäßig und besprechen, was bei welcher Frau ansteht und ob sie Unterstützung wünscht.“ Ihre Freundin Hille ist schon seit 36 Jahren immer an ihrer Seite. Eine andere alte Freundin begleitet Sybille Gimon zudem in deren Sterbeprozess. Dabei kommt ihr ihre therapeutische Erfahrung zu Gute. „Bis zum letzten Atemzug ist Selbsterfahrung möglich“, erklärt sie und fordert: „Wir sollten alle toleranter und liebevoller werden, andere lassen und uns in sie hineinversetzen können.“ Der respektvolle Umgang mit den Alten gehört für sie dazu.

Die Empfehlung von Sybille Gimon für das Alter lautet, einfach mal loszulassen, „alles, was in uns so festgehalten wird, auch die Ansprüche an uns selbst“. Sie schätzt die Freiheit im Alter („Das muss ich jetzt nicht!“) und möchte nicht leiser werden, sondern still. Dabei könne sie sogar Wunder erleben. „Es kommt alles zu dir zurück“, lächelt sie. Und schon während wir auf dieser Parkbank sitzen, kommen ständig Frauen jeden Alters vorbei, die grüßen und rufen: „Wann singen wir wieder zusammen, Sybille?“


Fotorechte: Werner Fademrecht

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