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WEIBLICHE VORBILDER

WEIBLICHE VORBILDER | Christiane Maass

Mein Bild vom Alter ist geprägt von meinen Großmüttern. 
Meine Oma mütterlicherseits war eine unternehmungslustige, optimistische Frau. Sie liebte Literatur, Theater, Chorgesang und Besuche mit ihren Freundinnen in einem Kaffeehaus im Zentrum der Stadt. Sie reiste gern, machte gerne Ausflüge und ausgedehnte Stadtbummel. Sie war auch eine ausgezeichnete Weißnäherin, nähte, stickte und häkelte unfassbar feine Handarbeiten.
Meine Oma väterlicherseits war eine Respektsperson. Meisterhausfrau und Pfarrfrau war ihre Berufung. Sie liebte die Bildende Kunst und die Musik und spielte die Orgel im Gottesdienst. Sie hielt die Familie zusammen, organisierte Familientreffen und -feiern. Auch sie reiste gern und weit und unternahm gerne Ausflüge.
Insgesamt kann ich also sagen, dass meine Großmütter für mich prägend waren, was ihre Liebe zu den schönen Künsten und ihre Unternehmungslust anbelangt. Auch im hohen Alter sind die diesen Neigungen nachgegangen. Das hat ihnen über manche Schwierigkeiten, Verluste und auch körperliche Gebrechen hinweggeholfen. Auf mich haben sie immer vital und respektabel gewirkt. Zugleich waren sie die Hüterinnen meiner Kindheit und prägend für meine Entwicklung als Enkelin, Mädchen und Frau.
Heute denke ich: Ich trete zwar in ihre Fußstapfen, aber darf doch so viel weiter gehen als sie. Ich durfte einen höheren Schulabschluss machen als sie, durfte studieren und einen Beruf ergreifen. Meine Berufung ist es also, den Staffelstab weiterzutragen – in mein eigenes Alter, aber auch für die nachfolgenden Generationen. Kunst und Kultur, der freie Zugang dazu und die selbst bestimmte Beschäftigung damit sind für mich ein Schlüssel zur lebenslangen Lebenskunst.

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